Achat Abbau

Fundregion Agouim

Achat-Abbau in der Region Agouim, Hoher Atlas, Marokko

Ein Bericht von Bernd Oheim – TopAgatesMorocco (Oktober 2022)

Marokkos Achate entzücken schon lange Sammler auf der ganzen Welt und können mit ihrer Vielfalt und Schönheit problemlos mit anderen Achatfundstellen weltweit mithalten.

Mit den Funden aus dem Gebiet Agouim im Hohen Atlas sind seit wenigen Jahren Achate auf dem Markt, die allerhöchsten Qualitätsansprüchen genügen. Hierüber wurde bereits in der Mineralienwelt berichtet.

Jetzt hat der professionelle Abbau mit Maschinen den lange Zeit von Berbern ohne offizielle Erlaubnis durchgeführten Abbau per Hand durch Grabungen abgelöst. Die aktuelle Situation vor Ort und die Auswirkungen auf das Achatangebot ist Inhalt dieses Berichts.

alte Handgrabung

Aber zunächst möchte ich beantworten, warum ausgerechnet ich mich diesem Thema widme. Ich bin vielleicht manchen Achatfreunden als Sammler bekannt, ansonsten aber bisher wenig öffentlich in Erscheinung getreten. Seit vielen Jahren besuche ich dieser schönen Steine wegen regelmäßig Marokko, meist gemeinsam mit meinem Sammlerfreund Peter Parpart. Ich suche und erwerbe Rohsteine von den marokkanischen Fundorten, schneide und poliere meine Stücke selbst und darf mittlerweile eine schöne Achat Sammlung mein eigen nennen.

Bei meinen Besuchen in Marokko lernte ich die einheimische Familie Gamoussy kennen, und im Laufe der Jahre entwickelte sich eine sehr freundschaftliche Beziehung, die nunmehr in eine Art Partnerschaft mündet. Vor einigen Monaten wurde ich von Abdoul Gamoussy, dem jetzigen Betreiber des Achat Abbaus in Agouim, gefragt, ob ich beim Vertrieb der Achate mithelfen möchte, zunächst über einen eigenen Webshop und weitere online Kanäle. Wer könnte da widerstehen, zumal Abdoul über sämtliche Abbaurechte im Gebiet Agouim verfügt und mir somit das Tor zu wundervollen Achaten höchster Qualität geöffnet wird.

Das aber nur am Rande, denn in diesem Bericht geht es darum zu erläutern, wo die Achate gefunden werden, wie aufwendig und arbeitsintensiv ihr Abbau ist und warum sehr gute Achate ihren Preis haben. Auch möchte ich das Leben im Fundstellen Camp beschreiben und die Bedingungen, unter denen gearbeitet wird.

Leider liegen Achate nicht in Marrakesch oder Fes am Straßenrand. Die Fundstellen sind meist schwer zugänglich in entlegenen Gebirgsregionen Marokkos zu finden.

Die Fundregion Agouim erstreckt sich auf einen Gebirgszug mit anstehendem Basalt von etwa 50 km Länge. Bekannte Fundpunkte in diesem Gebiet sind Tizerine, Tisselday, Ifri, Ikiss, Tagimalt, Tyourjdal, Tikaabin, Targa, Sour, Tidili und Anzal. In Anzal baut eine chinesische Firma Jaspis ab.

Die ersten nennenswerten Achatfunde im Großraum Agouim wurden in den Jahren 2013 / 2014 gemacht. Aber bereits im April 2011 fanden Mehedi Pfeiffer und Peter Parpart dort Achate mit auffälligen orangen und gelben Farbtönen. Mehedi nannte die Fundstelle Al Hama wie High Atlas Mountain Agates. Einige Stücke aus dieser Zeit können noch in deren Sammlungen bewundert werden, zu vielen Funden kam es jedoch nicht.

Von etwa 2014 bis heute bauten einheimische Berber Achate im Raum Agouim mit einfachen Mitteln durch Grabungen ab. Die abgelegenen Fundstellen waren nur zu Fuß und mit Eseln erreichbar, pro Weg bis zu 5 Stunden Zeitaufwand. Der Verkauf erfolgte vor Ort an einheimische und auswärtige Händler sowie an die wenigen Marokko bereisenden Sammler. Es wurden zum Teil außergewöhnlich gute Stücke gefunden, die zunehmend Interesse aus dem Ausland weckten. Von Jahr zu Jahr wurde das Rohmaterial vor Ort teurer. Es wurde nicht mehr nach Gewicht oder als Lot verkauft, es musste um jeden einzelnen Stein gefeilscht werden. Preise von mehreren hundert Euro bis hin zu vierstelligen Summen wurden für vielversprechende Rohsteine bezahlt. Mal im Ergebnis erfolgreich, manches Mal aber auch mit Enttäuschung, wenn der Stein innen nicht halten konnte was er von außen zu versprechen schien.

Die Berber jedenfalls konnten mit den Achaten gute Einnahmen erzielen, mussten dafür aber auch hart arbeiten.

Diese Zeiten sind nun allerdings vorbei. Abdoul Gamoussy hat die alleinigen Abbaurechte in dieser Region erworben. Niemand anderes darf dort mehr Achate sammeln, nach ihnen graben, sie kaufen oder verkaufen oder transportieren. Um die (insgesamt 15) Grabungsrechte zu bekommen waren sehr große Anstrengungen und Investitionen erforderlich. Daher ist es verständlich, dass die Einhaltung strikt kontrolliert wird und in Zukunft drastische Strafen bei Nichteinhaltung drohen. Die meisten der Berber, die früher ohne Erlaubnis gegraben haben, arbeiten mittlerweile für Abdouls Abbaufirma. Händler und Sammler können keine Achate mehr von den Berbern direkt erwerben.

Die neuen Regelungen, beziehungsweise die konsequente Umsetzung eigentlich schon lange geltender Vorschriften, hat aber auch eine gute Seite für alle Achatliebhaber. Der Abbau erfolgt professionell, mit entsprechendem Know How sowie mit der Hilfe von Baggern. Das lässt auf zukünftig mehr gute Funde hoffen.

Fundstellen in der Fundregion Agouim

Der aktuelle Achat Abbau liegt in einem sehr entlegenen Gebiet in der Nähe des Dorfes Agouim auf fast 2.000 m Meereshöhe und wird von Abdoul Gamoussy seit Juli diesen Jahres betrieben. Das größte Problem besteht darin Maschinen, Fahrzeuge, Kraftstoffe, Wasser, Verpflegung und weiteres Equipment zur Fundstelle zu bringen. Dazu musste eine 15 km lange, mit Baggern und Gelände gängigen Fahrzeugen befahrbare Stein – / Schotter – Piste angelegt werden. Allein diese Arbeit dauerte mehr als einen Monat. Nach starken Regenfällen muss die Piste wegen Ausschwemmungen immer wieder repariert werden.

Die 11 fest angestellten Miner bzw. Baggerführer, Fahrer und Wächter leben in einem Camp in der Nähe der Fundstelle in einfachen Zelten und in die Erde gegrabenen Räumen. Ein kleines, aber festes Gebäude wird jedoch gerade gebaut und steht kurz vor der Fertigstellung. Zu den Arbeitern im Camp gibt es noch 9 weitere Beschäftigte mit unterschiedlichen Aufgaben. Frauen gibt es hier, wie in Marokko nicht anders zu erwarten, keine. Die Arbeiter im Camp sind offiziell angemeldet mit Papieren, sie sind auch Unfall-, Kranken- und Rentenversichert. Der Mindestlohn in Marokko (für angemeldete Arbeitskräfte) beträgt derzeit 3.000 Dirham, etwa 300 Euro pro Monat.

Die Arbeiter sind zumeist 14 Tage im Camp und haben dann 2 Tage frei. Auch zwischendurch gibt es schon mal einen freien Tag. Wie beispielsweise an meinem ersten Besuchstag zum Leidwesen aller für den Koch. Dessen Kind war erkrankt und musste zum Arzt. Die „Küche“ blieb an diesem Tag kalt.

Corona ist hier nicht gegenwärtig. Es wird aber auch nicht getestet, daher kann niemand sagen wie viele Erkrankungen es tatsächlich gibt.

An meinem ersten Tag holte Abdoul mich mit seinem Geländewagen im (sehr einfachen) Hotel in Agouim ab. Nach etwa einstündiger Fahrt zur gegenüber liegenden Gebirgsseite erreichten wir die angelegte Steinpiste. Fast eine weitere Stunde wurde ich ordentlich durchgeschüttelt, dann erreichten wir endlich die Abbaustelle und das Camp. Aber immerhin besser als 5 Stunden Fußmarsch.

Miner Abdoul Gamoussy
Fahrt zur Abbaustelle
Camp

Dann ein erster Blick in das große Loch, der Bagger ist im Einsatz und 3 Miner stehen unten und beobachten genau das Geschehen. Diese Grabungsstelle hat bisher gute Ergebnisse geliefert. Im Gegensatz zur Grabung davor. Bei der wurden zwar viele große Mandeln freigelegt, aber leider bestanden fast alle nur aus Quarz. Natürlich habe ich mich sofort direkt hinunter zur Abbauwand begeben. Mit dem Bagger wird der harte Basalt von oben nach unten möglichst vorsichtig abgetragen. Unten stehen die Miner und beobachten den Vorgang. Der Bagger soll die Mandeln möglichst nur freilegen und nicht heraus brechen, da sie dabei beschädigt werden. Es benötigt ein gutes Auge und Erfahrung um die Mandeln im Fels zu erkennen während der Bagger das Gestein abträgt und es auch stark staubt. Dann erfolgt sofort ein „STOP“ Zeichen an den Baggerführer und es wird per Hand weiter gearbeitet. Die Mandel wird vorsichtig freigelegt indem der umgebende Basalt abgemeißelt wird. Dann erfolgt eine erste Beurteilung. In vielen Fällen handelt es sich um Quarz und der Stein ist wertlos. Aber es werden auch schöne Drusen mit Rauchquarz oder Amethyst gefunden. Diese werden sorgfältig verpackt und abtransportiert.

In erster Linie wird aber nach den farbenprächtigen Achaten gesucht. Es muss jedoch eine Menge Fels abgetragen werden um an schöne Rohsteine zu gelangen. Aber für diesen Tag hatte ich wohl eine gute Portion Glück aus Deutschland mitgebracht. Die Tagesausbeute sollte sehr zufriedenstellend ausfallen.

Entsprechend gut war die Stimmung im Camp trotz der Schweiß treibenden Arbeit. Der vermeintlich schönste Fund des Tages (siehe Foto) war dann auch das Signal für den Feierabend. Zunächst machte ich aber noch ein paar Gruppenfotos. Dann, noch vor dem Sonnenuntergang, wurde aufgeräumt, nachgetankt und alles für den nächsten Tag vorbereitet. Abdoul und ich kehrten zurück nach Agouim.

Natürlich habe ich es mir nicht nehmen lassen an diesem Tag einen Rohstein mitzunehmen, an dessen Fund ich mich beteiligt gefühlt habe. Eigentlich hatte ich keinen Platz in meinem kleinen Trolley und der Stein war ziemlich groß. Aber irgendwie musste das gehen. Ich ahnte noch nicht wieviel Schwierigkeiten ich damit am Flughafen Marrakesch haben sollte, aber letztendlich habe ich das 9,8 kg schwere Prachtstück nach Hause bringen können. Es wurde von mir direkt am nächsten Tag  gesägt. Zunächst jede der beiden Hälften nach bestmöglicher Einschätzung der besten Schnittlinie. Dann entschloss ich mich noch zu einem Nachschnitt der größeren Hälfte in der Hoffnung, dass die schwarzen Löcher im unteren Teil des Achates dann weitgehend verschwinden. Mit Erfolg (siehe Abbildungen). Ein grandioser Stein, der auch große Hoffnung auf viele weitere Topstücke von dieser Abbaustelle macht.

„Mein Rohstein“ vor Ort – nass fotografiert
fertige Hälfte 1
fertige Hälfte 2 – tatsächlich der selbe Stein

Aber zurück nach Marokko zum Arbeitsablauf. Für Abdoul ist der Arbeitstag mit dem Ende der Tagesgrabung zu Sonnenuntergang meist noch nicht zu Ende. Er ist noch damit beschäftigt die vielen Probleme mit der Versorgung, dem Transport und technischen Ausfällen zu lösen. Auch ist es nicht einfach in Marokko zuverlässiges und vertrauenswürdiges Personal zu finden. Da ist jeder Tag eine neue Herausforderung.

Ein Arbeitstag kostet etwa 5.000 Dirham (ca. 500 Euro) für 2 Bagger (je etwa 120 bis 150l Diesel pro Tag), für die Arbeiter, die Versorgung der Arbeiter,  Reparaturen etc..

Mal ehrlich, würde der Abbau in Deutschland stattfinden wären die Achate nicht mehr bezahlbar. Wir sollten uns daher freuen, diese wundervollen Steine verhältnismäßig günstig kaufen zu können und den Arbeitern vor Ort für ihren Einsatz dankbar sein. Es leuchtet aber auch ein, dass ein wirklich guter Achat seinen Preis hat. Mir hat der Besuch im Camp einmal wieder vergegenwärtigt, in welchem Wohlstand und Komfort wir leben und dass wir das alles nicht immer als selbstverständlich ansehen dürfen.

Am Tag nach dem Besuch des Camps sichteten Abdoul und ich die Ausbeute der letzten 11 Tage. Etwa 600 bis 700 kg Rohachate und einige Drusen. Ein hervorragendes Ergebnis. So sollte es immer sein, aber das ist natürlich nicht der Fall. Ich bin der Überzeugung, dass in dem Rohmaterial viele schöne Stücke dabei sein werden, sehr gerne wäre ich auch beim Schneiden dabei. Aber das wird in Midelt geschehen, eine Tagesreise von Agouim entfernt. Dazu bleibt mir leider nicht genügend Zeit. Aber eines kann ich aus meiner Erfahrung als Schleifer sagen, absolute Topstücke wird es auch bei dieser großen Menge nur ein paar geben. Daher auch der hohe Preis. Aber es wird viele schöne Achate geben, auf die wir uns sehr freuen können und die auf jeden Fall unsere Sammlungen bereichern werden.

Ein paar Tage später, noch während meines Aufenthalts in Marokko, kündigte sich kurzfristig eine Kontrolle des Abbaus und der Arbeitsbedingungen vom Ministerium für Energie und Bodenschätze aus Errachidia an. Wohl kein großes Problem, denn nach meiner Einschätzung war der Arbeitsschutz tadellos. Alle Miner haben mit voller Schutzausrüstung gearbeitet. Auch klappte das Zusammenspiel zwischen Baggerführer und Minern reibungslos, ich hatte nie den Eindruck von gefährlichen Situationen.

Tagesausbeute

Zusammen fassend kann ich sagen, dass mein Besuch unglaublich interessant war und mir eine Menge Fragen beantwortet sowie Zusammenhänge verdeutlicht hat. Auch ist mein Verständnis für Qualitäten und Preise deutlich klarer geworden. Hoffentlich kann ich das durch diesen Bericht weiter geben. Es wird aus Agouim auch weiterhin hochwertige Achate zu fairen und machbaren Preisen geben. Eine dramatische Preisentwicklung wie bei den mexikanischen Achaten soll es nicht geben. Solange das so ist und meine Gesundheit mitspielt freue ich mich dabei zu sein.

Einen Hinweis möchte ich noch zu marokkanischen Achaten außerhalb der Region Agouim geben. Seit einigen Jahren gelten die „alten“ Fundstellen rund um Aouli und in Kerrouchen als leer gesammelt.

Kerrouchen liefert aber gerade tolle, große Achatmandeln aus Grabungen auf privatem Grund. Ich bearbeite gerade etwa 250 kg dieses Materials. Es besteht etwa zur Hälfte aus sehr großen Mandeln mit mehr als 3 kg Gewicht. Das Resultat sind einige unglaublich fantastischen Stücke mit dunkelrotem oder blauem Zentrum und am Rand wunderschönen gelben Plumes. Man muss allerdings, typisch für Kerrouchen, eine etwas niedrigere Trefferquote akzeptieren. Auch hiervon werden in der nächsten Zeit mit Sicherheit polierte Hälften auf den Markt kommen.

grandiose Landschaft bei Agouim